Stimme aus der Region: ein Interview mit Belinda Erkner

Die Erkner Gruppe, ein Familienunternehmen, überzeugt seit über 100 Jahren ihre Kund:innen und Mitarbeiter:innen gleichermaßen. Für das jahrelange Engagement in der fachqualifizierten Ausbildung erhielt die Erkner Gruppe sogar den Brandenburgischen Ausbildungspreis.

Im Interview erzählt Belinda Erkner, Geschäftsführerin der Erkner Gruppe, was aus ihrer Sicht wichtig ist, um Fachkräfte zu werben und zu halten. Für sie sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Schlüssel zum langfristigen Erfolg.

Belinda Erkner, © Robert Kluba
Was ist die wichtigste Maßnahme bei der Erkner Gruppe, um die Mitarbeiterbindung zu steigern?

Ein wichtiges Thema für die Loyalisierung in der Erkner-Gruppe ist die Führungskräfteentwicklung. Das scheint unmittelbar erstmal nicht wirklich was mit Fachkräftesicherung zu tun zu haben, aber ich sehe da ein großes Potenzial. Führungskräften muss das richtige Werkzeug an die Hand gegeben werden, um mit den jungen Menschen und Fachkräften zu arbeiten und im Sinne des Unternehmens zu handeln. Wir unterscheiden bei uns zwischen Management auf der einen und Führung auf der anderen Seite. Darin differenzieren wir sowohl in den Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen als auch in den täglichen Gesprächen. Wir haben wirklich alles ausprobiert – wir hatten die tollsten Sozialleistungen und haben mit den besten Werbeagenturen der Region zusammengearbeitet, aber wenn das niemand umsetzt im Unternehmen, dann ist das alles für die Katz.
Was wir auch viel und gerne machen, ist gemeinsames Feiern. Das schafft eine persönlichere Ebene und die Mitarbeitenden fühlen sich wohler, auch mal ins direkte Gespräch mit der Geschäftsführung zu gehen. Mit regelmäßigen Events beleuchten wir die Welt um uns herum und zeigen die Notwendigkeit von Veränderung auf und können dadurch ein Grundverständnis für unsere Entscheidungen erzeugen. In unserem neuen Intranet „MyErkner“ können sich die Mitarbeitenden, ähnlich wie auf Facebook, austauschen und in Mitbestimmungsprozesse einbezogen werden.

Es gab sicher auch Dinge, die nicht funktioniert haben. Wie sind Sie damit umgegangen?

Von dem Ziel, eine umfassende Mitarbeitendenzufriedenheit zu erreichen, sind wir abgekommen. Das ist auch nicht unsere Aufgabe. Jeder Mensch und jede Persönlichkeit muss ihren eigenen Weg finden, zufrieden zu sein. Da kann das Umfeld „Arbeit“ nur bedingt zu beitragen. Die Erkenntnis, nicht jedem gerecht werden zu können, ist aber wichtig, um sich nicht vom Weg abbringen zu lassen und eine gewisse Nachhaltigkeit im Handeln zu schaffen.

Was bieten Sie Ihren Mitarbeitenden an, was andere Unternehmen vielleicht noch nicht tun?

Es ist uns wichtig, neben fachlichen Weiterbildungen auch Schulungen im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, der Kommunikation und Rhetorik sowie der Selbstentwicklung und Wertefindung anzubieten. Vielleicht bieten wir so den Menschen etwas, was sie in anderen Jobs nicht finden und sie gehen so abends gestärkter aus dem Betrieb raus, als sie morgens hereingekommen sind.

Belinda und Maria Erkner, Denny Kurz, © Erkner-Gruppe
Wie sieht die Fachkräfteentwicklung bei der Erkner Gruppe konkret aus? Können Sie uns konkrete Zahlen nennen?

An unseren Standorten und Gewerken bilden wir insgesamt dauerhaft bis zu 30 Auszubildende aus. Unsere Übernahmequote liegt bei 90 %. Wenn junge Menschen unser Unternehmen verlassen, tun sie dies meist, um Erfahrungen in einer komplett anderen Branche zu machen – nicht, weil es ihnen bei uns nicht gefällt. Die Tendenz, nach der Ausbildung „ein Leben lang“ in einem Unternehmen zu bleiben, sehen wir so auf jeden Fall nicht mehr. Ein enger Mitarbeiter von mir hat es neulich ganz treffend formuliert: die junge Generation denkt eher projektbezogen und nicht mehr so stellenbezogen. Da ist es bei uns im handwerklichen Bereich natürlich schwierig, projektbezogene Arbeit anzubieten. Dieser Herausforderung wollen wir uns in den kommenden Jahren weiterhin widmen.  

Haben Sie Ratschläge zur Fachkräftegewinnung für andere Unternehmen aus der Region? Ist es hier sinnvoll Erfahrungen auszutauschen oder sehen sie sich als Konkurrenz?

Meiner Meinung nach können wir nur voneinander lernen. Ich rede gerne und offen sowohl über unsere Highlights als auch die Schwierigkeiten im Bereich der Fachkräftesicherung. Genauso freue ich mich über hilfreiche Tipps und Ratschläge von anderen Unternehmen. Ich würde mir auch überregional mehr Austausch und Zusammenarbeit wünschen. Viele Unternehmen machen beispielsweise einen „Welcome-Tag“ für Azubis. Warum sollte man sich hierfür nicht zusammentun und die gemeinsamen finanziellen Möglichkeiten nutzen, um gleichzeitig auch die Region zu präsentieren? Ebenso könnte ich mir eine „Azubi-Card“ vorstellen, bei der die Auszubildenden der teilnehmenden Unternehmen eben Vorteile bei den anderen teilnehmenden Unternehmen bekommen. So könnte man die Bindung zur Region stärken und Abwanderung vermindern.

Belinda Erkner, © unbekannt
Was sind besondere Ansätze in Ihrem Unternehmen? Gibt es Ideen/Beispiele, die überrascht haben?

Mein Motto lautet: „Tue Gutes und rede darüber“. Die meisten Mitarbeitenden wollen ein Teil der Entwicklung sein und bringen sich gerne in die Entwicklungsprozesse des Unternehmens ein. Man muss aber natürlich bedenken, dass Beteiligung auch zur Verzögerung von Prozessen führen kann. Deshalb handhaben wir es mittlerweile so, dass die Mitarbeitenden wie ein Gremium sind. Sie können ihre Themen in die Prozesse einbringen und wissen, dass ihre Meinung gehört wird. Die letztliche Entscheidung liegt aber ganz klar in der Führungsebene.
Ich habe erkannt, dass ich als Geschäftsführerin nicht jedem einzelnen Mitarbeiter gerecht werden kann. Ich kann aber Möglichkeiten bieten, dass sich die Fachkräfte mit Herzblut in Prozesse einbringen können. Dafür müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen sie sich entfalten und manchmal auch einfach träumen können. Natürlich gibt es auch Rückschläge oder Dinge, die vielleicht nicht ganz optimal laufen, aber man glaubt gar nicht, was dabei für tolle Ideen entstehen! Wenn man den Menschen die Möglichkeiten gibt, ihre persönlichen Interessen mit den Interessen des Unternehmens in Einklang zu bringen, dann kann man nur gewinnen – sowohl wirtschaftlich, als auch von der Mitarbeiterbindung her.

Was ist ihre Vision für das Unternehmen und die Region in Bezug zum Fachkräfte-Thema?

Meine Vision ist es, den jungen Menschen bei uns im Unternehmen auch eine Perspektive zu geben. Neben all den fachlichen Weiterbildungsangeboten sollen sie bei uns die Möglichkeit haben, sich persönlich weiterentwickeln zu können und ihrer Passion zu folgen. Unter allen wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen und auch dem Wachstum des Unternehmens ist es für mich wahnsinnig inspirierend, jemanden zu helfen, sich selbst näher zu kommen und seine Passion zu finden.

Erkner_Gruppe_Autohaus_Ruedersdorf_VW_Skoda, © Erkner-Gruppe

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